Jahrbücher für Geschichte Osteuropas

Im Auftrag des Instituts für Ost- und Südosteuropastudien Regensburg
herausgegeben von Martin Schulze Wessel und Dietmar Neutatz

Chronikbeitrag aus: Jahrbücher für Geschichte Osteuropas 62 (2014), H. 2 S.

Verfasst von: Carsten Goehrke

 

Werner G. Zimmermann (1925–2014)

Am 5. März 2014 ist Werner Gabriel Zimmermann, Titularprofessor für Allgemeine neuere Geschichte, insbesondere Geschichte Südosteuropas, achtundachtzigjährig verstorben. Da zu seinem 70. Geburtstag in dieser Zeitschrift (Band 43, 1995, S. 479–480) eine ausführliche wissenschaftliche Würdigung erschienen ist, kann sich der Nachruf auf den Versuch beschränken, sein öffentliches Wirken aus der Rückschau als Ganzem in den Blick zu nehmen.

Zimmermanns Lebensweg war geprägt durch vielfältige berufliche Verzweigungen. Nach dem Studium der Allgemeinen Geschichte, des Allgemeinen Staatsrechts und der Deutschen Literatur an den Universitäten Zürich und München, das er 1952 mit einer Dissertation zur Bayerischen Landesgeschichte der Jahre 1918–1923 abschloss, wandte er sich der Geschichte und Kultur Südosteuropas zu, die er an der Universität München kennengelernt hatte. Mit der Habilitationsschrift „Valtazar Bogišić 1834–1908. Ein Beitrag zur südslavischen Geistes- und Rechtsgeschichte“ erwarb er 1964 an der Universität Zürich die Venia legendi für das Lehrgebiet Allgemeine neuere Geschichte, insbesondere Geschichte Südosteuropas. Zu dieser Zeit gab es in der Schweiz noch keinen Lehrstuhl für Osteuropäische Geschichte. Daher war der junge Privatdozent gezwungen, sein Auskommen außerhalb des akademischen Bereiches zu suchen, und fand es in der Privatwirtschaft, von 1963 bis 1971 dann als Sekretär der Schweizerischen Stiftung für technische Entwicklungshilfe. Diese Zeit bescherte ihm zwar unschätzbare internationale Erfahrungen, ließ aber wenig Raum für seine akademischen Verpflichtungen. Das änderte sich, als er 1975 zum stellvertretenden Leiter des Zürcher Stadtarchivs gewählt wurde. Nachdem 1971 der Lehrstuhl für Osteuropäische Geschichte an der Universität Zürich geschaffen worden war, kam es zu einer fruchtbaren Zusammenarbeit zwischen ihm und mir, die sich in zahlreichen gemeinsamen Lehrveranstaltungen und mehreren Sammelpublikationen niedergeschlagen hat. Mit Werner G. Zimmermann hat die Geschichte des europäischen Ostens in Zürich auch eine südosteuropäische Ausrichtung gefunden, die nach meiner Emeritierung mit der Berufung von Nada Boškovska (2003) eine kompetente Fortsetzung gefunden hat.

Zimmermann hat in seinen vielfältigen Publikationen neben der engeren Fachwelt stets auch die breitere Öffentlichkeit im Auge gehabt. Einen Namen gemacht hat er sich in dieser Beziehung mit den von ihm konzipierten Ausstellungen über historische und kulturelle Themen. In dieser Verbindung von Forschungs- und Öffentlichkeitsarbeit, in der zeitlichen Spannweite des Interesses vom 16. Jahrhundert bis zur Gegenwart, in der räumlichen Staffelung des Forschungshorizontes von Zürich über die Schweiz nach Bayern, Deutschland, Russland und ganz besonders nach Südosteuropa, wobei die Bezüge zu Zürich und zur Schweiz eine zentrale Rolle spielten, schließlich in der breiten Streuung seiner Themen von der Geistes-, Rechts-, Verfassungs-, Politik- und Personengeschichte über Jesuiten und Freimaurer bis hin zur Musik- und Theatergeschichte repräsentierte Werner G. Zimmermann den Typus des umfassend gebildeten und interessierten Gelehrten, wie es ihn heute nur noch selten gibt.

Carsten Goehrke, Zürich

Zitierweise: Carsten Goehrke: Werner G. Zimmermann (1925–2014) in: Jahrbücher für Geschichte Osteuroas 62 (2014), H. 2, S. , http://www.oei-dokumente.de/JGO/Chronik/08-1_Goehrke_Nachruf_Zimmermann.html (Datum des Seitenbesuchs)

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