Petr Grigor’evič Gajdukov Russkie poludengi, četveretcy i poluški XIV–XVII vv. [Russische poludengi, četveretcy und poluški des 14. bis 17. Jahrhunderts]. Izdat. Paleograf Moskva 2006. 407 S. ISBN: 5-89526-018-7.
In der Zeit des Großfürsten Dmitrij Ivanovič wurden am Ende des 14. Jahrhunderts die Grundlagen für das Münzwesen im Moskauer Reich gelegt. Aus einem Rubel, Silberblöcken von ca. 200 g, prägte man 200 dengi. Daneben trat als kleinere Stückelung die poludenga, später auch poluška genannt, eine halbe denga von ungefähr einem halben Gramm Silber. Petr Gajdukov, ausgewiesen durch Arbeiten zu den Ausgrabungen in Novgorod und zur Sigillographie Altrusslands, hat nun ein fundamentales Werk zur Geschichte letzterer Münze im Rahmen des monetären Systems vom Ende des 14. bis an den Anfang des 18. Jahrhunderts vorgelegt. Ausgehend von 9870 Münzen aus 50 Sammlungen hat er den Bestand an poludengi nach Sammlungen, Emittenten, Gewicht und Münzbildern klassifiziert. Die poludenga wurde auch in den Moskau benachbarten Fürstentümern und in Novgorod und Pskov geprägt. Aus diesen Städten kennen wir zudem die vergleichsweise seltene Prägung der četveretca, einer Viertel-denga. In dem Maße, wie der Silberwert des Rubel sich vom Ausgangsgewicht 200 g löste, wurden auch die geprägten dengi und poludengi leichter. Poludengi aus der Zeit Vasilijs III. sind als Form der Abwertung häufig beschnitten. Die große Zeit der poludenga endete mit der Münzreform unter der Zarenmutter Elena Glinskaja 1535–1538, als aus derselben Silbermenge einer grivenka von ca. 200 g statt bisher 2,6 nun drei Rubel geprägt wurden. Da die Münzrelationen aber unverändert blieben, verloren die poludengi entsprechend an Gewicht, ihr Standard lag jetzt bei 0,17 g. Die winzigen Silbermünzen von 0,11–0,12 g mit der einfachen Aufschrift C[ar]R“ und einem gekrönten Doppeladler, die zumeist der Zeit von Aleksej Michajlovič zugeschrieben und als poluški angesehen werden, stammen Gajdukov zufolge aus den Anfangsjahren der Herrschaft Peters des Großen und entsprechen einer auch schon sehr leichten halben Silberkopeke, also einer denga.
Der repräsentativ gestaltete Band beginnt mit Überblicken zur Forschungsgeschichte, zu Münzsammlungen und relevanten Schriftquellen, unter denen neben der russischen Annalistik zum Beispiel auch Adam Olearius zu nennen ist. Es folgt eine detaillierte Analyse der Münzgruppen, die sich zum einen aus dem Prägeort, zum anderen aus der Prägezeit ergeben. Innerhalb einer Gruppe unterscheiden sich die Münzen nach Gewicht und Münzbildern bzw. den Kombinationen von Bildern auf Vorder- und Rückseite. In Beilagen sind Einzelfunde und Hortfunde aufgelistet und aus jedem Hortfund alle poludengi nebeneinander fotografiert. Ein Verzeichnis der Aufbewahrungsorte und eine Konkordanz der Analyse-Kapitel und der Katalognummern folgen. Die 9870 registrierten Münzen lassen sich nach 457 Münztypen differenzieren. Sie werden im ersten Teil des Katalogs abgezeichnet und beschrieben, und die Umschriften werden gelesen. Alle Abzeichnungen sind im Anhang noch einmal in doppelter Vergrößerung wiedergegeben; die Fotografien von Exemplaren aller Münztypen sind dreifach vergrößert. Dem Band ist eine qualitätvolle englische Zusammenfassung beigegeben. Der Überblick zur Forschungsgeschichte und der Katalog sind unter http://www.pulo.ru/ online zugänglich (aufgerufen am 4. Juli 2009).
Nicht nur Numismatiker und Kunsthistoriker, sondern auch alle wirtschaftsgeschichtlich Interessierten werden den Band mit großem Gewinn nutzen.
Ludwig Steindorff, Kiel
Zitierweise: Ludwig Steindorff über: Petr Grigor’evič Gajdukov: Russkie poluden’gi, četveretcy i poluški XIV–XVII vv. [Russische poluden’gi, četveretcy und poluški des 14. bis 17. Jahrhunderts]. Izdat. Paleograf Moskva 2006. ISBN: 5-89526-018-7, in: Jahrbücher für Geschichte Osteuropas. Neue Folge, 57 (2009) H. 4, S. 602-603: http://www.dokumente.ios-regensburg.de/JGO/Rez/Steindorff_Gajdukov_Russkie_poludengi.html (Datum des Seitenbesuchs)