Jahrbücher für Geschichte Osteuropas

Ausgabe: 59 (2011) H. 2

Verfasst von: Ludwig Steindorff

 

Piscovye knigi Novgorodskoj zemli. Tom 6: Piscovye knigi Šelonskoj pjatiny XVI veka. Sostavitel’ Konstantin V. Baranov. Moskva: Izdat. Pamjatniki istoričeskoj mysli, 2009. XVIII, 381 S. ISBN: 978-5-88451-247-4.

Die piscovye knigi mit ihren Informationen über Siedlungsverhältnisse, Einkünfte und Abgaben gehören zu den wichtigsten Quellen für die Sozialgeschichte und die historische Geographie des Moskauer Reiches jenseits der weltlichen und geistlichen Zentren des Landes. Von ihren Informationen her kann man sie mit westlichen Urbarien vergleichen. Doch während die Erstellung der Urbarien in der Regel Sache des Grundherrn war und in dessen Interesse erfolgte, geht die Anlage der piscovye knigi auf die Initiative der großfürstlichen bzw. zarischen Verwaltung zurück. Unter diesem Aspekt bilden die piscovye knigi, am besten als „Bestandsbücher“ zu bezeichen, Vorläufer der mit der Anlage von Karten verbundenen Landesaufnahmen des 18. und 19. Jahrhunderts.

Für das Novgoroder Territorium wurden die ersten piscovye knigi am Ende des 15. Jahrhunderts, bald nach dem Anschluss an das Moskauer Reich 1478 und den darauf folgenden Umsiedlungen, angelegt; sie dienten geradezu der herrschaftlichen Vereinnahmung auch mittels des geschriebenen Wortes. Doch auch in den folgenden Jahrzehnten erfolgten immer neue Verzeichnungen. Ein Teil der Bestandsbücher für die Šelonskaja pjatina, das „Fünftel“ im Südwesten von Novgorod, wurde schon im 19. Jahrhundert ediert. Der jetzt von Konstantin V. Baranov, Mitarbeiter im RGADA in Moskau, herausgegebene Band bietet alle damals nicht publizierten und teilweise auch nicht bekannten Beschreibungen zu dieser pjatina. In der Einleitung gibt Baranov einen Überblick über den Ablauf der einzelnen Verzeichnungen, soweit dieser rekonstruierbar ist. Nach Aufzählung der bereits edierten Aufnahmen stellt er die in diesem Band publizierten Beschreibungen aus dem Zeitraum von 1527/28 bis 1575/76 vor. Dabei handelt es sich teilweise um nur kurze Abschnitte, die als Abschrift aus den selbst nicht erhaltenen pisvovye knigi Eingang in Bücher anderer Verwaltungsfunktion gefunden haben, ein schöner Beleg dafür, dass mit den Verzeichnissen nach ihrer Anlage durchaus gearbeitet wurde. Abschließend skizziert Baranov die weiteren Planungen für die Editionsreihe Piscovye knigi Novgorodskoj zemli. Die publizierten Texte sind durch Personen- und Ortsnamensregister erschlossen.

Fast ein Drittel des Bandes entfällt auf eine Beilage, das von L. A. Bassalygo anhand früher publizierter piscovye knigi erstellte Verzeichnis Novgoroder Landbesitzer in alphabetischer Abfolge. Der Autor erläutert vorweg die Schwierigkeiten, Namensvarianten mit Bezug auf dieselbe Person zusammenzuführen. In den Einträgen zu einzelnen Namen wird dies jeweils näher begründet. Ansonsten ist erstaunlich, dass bei den Namen keine Belege stehen, der Benutzer also auf die Register der Editionen zurückgreifen muss.

Mit dem vorliegenden Band ist eine weitere Grundlage dafür geschaffen, die Daten aus den piscovye knigi zur Šelonskaja pjatina zu aggregieren und, wie schon für die Derevskaja pjatina südöstlich von Novgorod geschehen (A. A. Frolov, N. V. Pio­tuch Istoričeskij atlas Derevskoj pjatiny Novgorodskoj zemli. T. 1–3. Moskva, S.-Peterburg 2008), eine elektronisch aufruf- und bearbeitbare Landkarte zu erstellen.

Ludwig Steindorff, Kiel

Zitierweise: Ludwig Steindorff über: Piscovye knigi Novgorodskoj zemli. Tom 6: Piscovye knigi Šelonskoj pjatiny XVI veka. Sostavitel’ Konstantin V. Baranov. Moskva: Izdat. Pamjatniki istoričeskoj mysli, 2009. XVIII, 381 S. ISBN: 978-5-88451-247-4, http://www.dokumente.ios-regensburg.de/JGO/Rez/Steindorff_Piscovye_knigi_Novgorodskoj_zemli_6.html (Datum des Seitenbesuchs)

© 2011 by Osteuropa-Institut Regensburg and Ludwig Steindorff. All rights reserved. This work may be copied and redistributed for non-commercial educational purposes, if permission is granted by the author and usage right holders. For permission please contact redaktion@osteuropa-institut.de