Jahrbücher für Geschichte Osteuropas: jgo.e-reviews 7 (2017), 1 Rezensionen online / Im Auftrag des Instituts für Ost- und Südosteuropastudien in Regensburg herausgegeben von Martin Schulze Wessel und Dietmar Neutatz
Verfasst von: Klaus Buchenau
War and Nationalism. The Balkan Wars, 1912–1913, and Their Sociopolitical Implications. Ed. by M. Hakan Yavuz and Isa Blumi. Salt Lake City, UT: University of Utah Press, 2013. XXXIX, 884 S., 23 Abb., 6 Tab., 2 Ktn. = Utah Series in Middle East Studies. ISBN: 978-1-60781-240-1.
Wer zwei kurzen Kriegen von jeweils etwa einem Monat Kampfdauer einen Sammelband von über 900 Seiten widmet, kann viele Facetten darstellen und ein einschlägiges Kompendium zu diesem Thema vorlegen. Tatsächlich gehen die Herausgeber M. Hakan Yavuz und Isa Blumi mit einem relativ hohen Anspruch an die Arbeit. In ihrer Einleitung wehren sie sich gegen die bisherige Inanspruchnahme der Balkankriege für einzelne Nationalgeschichten; stattdessen möchten sie aus übergeordneter Warte eine interdisziplinäre Geschichte unter Einschluss von Politikwissenschaften und Soziologie vorlegen (S. 2). Sie wollen dem Leser zwar kein kohärentes Narrativ anbieten, legen sich aber zumindest darin fest, die Kriege nicht so sehr als Ausdruck unterschiedlicher nationaler Interessen zu begreifen, sondern als Chance, die Nation durch Einsatz bzw. Androhung von Gewalt überhaupt erst herzustellen (S. 6). Vor diesem Hintergrund erwartet der Leser ein Werk im Mainstream der konstruktivistischen Nationalismusforschung, welches sich mit den Kriegen multiperspektivisch auseinandersetzt, sowohl was die disziplinäre als auch was die nationale Perspektive betrifft.
Diese Hoffnung löst der Band leider nicht ein. Auf der Konferenz in Utah im Mai 2012, deren Beiträge hier abgedruckt sind, waren tatsächlich Vertreter der genannten Disziplinen eingeladen, allerdings wird dies nirgendwo reflektiert, so dass hier (wie so oft im geisteswissenschaftlichen Betrieb heute) Disziplingrenzen stillschweigend abgeschliffen statt intellektuell genutzt werden. Die größere Schwäche besteht allerdings darin, dass die Beiträge ganz überwiegend eine osmanische Perspektive einnehmen, wogegen die christlichen Balkangesellschaften stark unterbelichtet bleiben. So macht der Band die Entwicklungen auf der osmanischen Seite nachvollziehbar und auch empathiewürdig, wogegen die Gegner in erster Linie als Kriegsverbrecher auftauchen. Diese Sicht ist nicht ganz falsch, allerdings fragt sich, weshalb in einem derart voluminösen Sammelband nicht mehr Platz für einen Blick auf die anderen beteiligten Staaten/Nationen (mitsamt den auch hier zu beklagenden Opfern!) gewesen sein soll. Unverständlich erscheint angesichts dieses Profils die Ankündigung der Herausgeber, keine lineare Erzählung, sondern Raum für „diverse Narrative“ und „konfligierende Perspektiven“ anbieten zu wollen (S. 5) – gerade dieses Ziel bleibt unerfüllt, stattdessen wirkt der Band durchaus kohärent, aber eben auch einseitig.
Dabei sind die Beiträge selbst überwiegend von ordentlicher bis guter Qualität. Viele Autoren stellen eigene empirische Arbeiten vor, so dass das Werk den Stand der Forschung zum späten Osmanischen Reich und insbesondere zur Politik der Jungtürken repräsentiert. Gut abgedeckt ist auch der ideologische Übergang von der jungtürkischen zur kemalistischen Periode; die Balkankriege werden daher auch als Schlüssel zum Verständnis der modernen Türkei genutzt. Die insgesamt 29 Aufsätze sind vier Hauptkapiteln zugeordnet (I. The Origins of the Balkan Wars; II. War as Experience and the Persecution of Change; III. Assessing Local, Regional, and International Reactions to the War; IV. The Republic of Turkey and Republican Introspection). Hinzu kommt eine einleitende Sektion, bestehend aus zwei Vorworten (von Edward J. Erickson und Peter von Sives) sowie der bereits erwähnten Einleitung der Herausgeber Blumi und Yavuz.
In Teil I sticht vor allem der Beitrag Mehmet Hacısalihoğlus hervor, der sich, gestützt auf Quellen in diversen (südost-)europäischen Sprachen, mit der osmanischen Politik zwischen der Jungtürkischen Revolution von 1908 und dem Ersten Balkankrieg auseinandersetzt. Er arbeitet heraus, wie die Zusammenarbeit der Jungtürken mit den christlichen Gruppen Makedoniens scheiterte, weil jene den Irredentismus einer Modernisierung des osmanischen Staates vorzogen und es den Jungtürken unmöglich war, griechischen, serbischen und bulgarischen Interessen gleichzeitig entgegenzukommen. Eine gute Ergänzung dazu ist Gül Tokays dominoartige Rekonstruktion des Wegs in den Krieg, die besonders auf den heftigen bulgarischen Revisionismus abhebt. Solide, wenn auch recht konventionell-politikgeschichtlich ist der Beitrag von Richard C. Hall über Bulgaria and the Origins of the Balkan Wars geraten; interessant sind die Erkenntnisse von Garabet Moumdjian, der makedonische Komitadžis und die bulgarische Regierung als Lehrmeister armenischer Terroristen herausstellt. Lesenswert, quellengesättigt und analytisch scharf schreibt Tamara Scheer über die gemeinsame habsburgisch-osmanische Verwaltung des Sandschak Novi Pazar (1879–1908) – allerdings führt diese Mikrogeschichte recht weit weg vom Fokus des Bandes. Einen sonst selten betrachteten Aspekt bringt Francesco Caccamos Beitrag über The Balkan Wars in the Italian Perspective ein – wobei man sich allerdings fragen kann, weshalb ein deutlich wichtigerer äußerer Faktor wie Russland nicht auch mit einem eigenen Beitrag bedacht wurde. Problematisch wirkt der Text des Politikwissenschaftlers und Mitherausgebers M. Hakan Yavuz über The Balkan Wars as a Catalyst for Homogenization. Yavuz folgt einem etwas manichäischen Schema, wonach die Tanzimat-Reformen „good governance“ einzuführen versucht und die Jungtürken ganz im westeuropäischen Sinne einen staatsbürgerlichen Patriotismus vertreten hätten – gute Ansätze, die aber von den balkanischen Nationalismen zunichte gemacht worden seien. Hier stören vor allem die Vereinfachungen. Yavuz übertreibt die westliche „Wertebindung“ der Jungtürken, hinter der sich oft genug ein staatsfixierter Zweckrationalismus verbarg. Inakzeptabel ist auch, wenn Yavuz unter Berufung auf andere Autoren behauptet, das einzige Ziel der Balkankriege sei es gewesen, die Türken vom Balkan zu verdrängen (S. 56) – hier wird der Zweite Balkankrieg, der ein Konflikt zwischen den christlichen Balkanstaaten um die osmanische Konkursmasse war, durch den postosmanischen Phantomschmerz verdrängt. So fallen auch die Opfer unter der christlichen Zivilbevölkerung, die gerade für den Zweiten Balkankrieg typisch waren, vollkommen unter den Tisch.
Teil II (War as Experience and the Persecution of Change) leidet an einer etwas unklaren Überschrift (was soll „Verfolgung des Wandels“ sein?), ist aber letztlich der zentrale Abschnitt über die Balkankriege selbst. Er umfasst lediglich 180 Seiten, was bedeutet, dass der Band sich insgesamt weitaus mehr mit der Kontextualisierung der Balkankriege als mit ihnen selbst beschäftigt. Auch hier zeigt sich der einseitige Fokus. Dargestellt werden vor allem die verheerende osmanische Niederlage im Ersten Balkankrieg und die Schwachpunkte der osmanischen Seite – woher die Stärken der Gegenseite rührten, wird dagegen nicht analysiert. Dennoch überzeugen die Beiträge per se durchaus. Besonders ragt die Untersuchung von Fatme Myuhtar-May über die Zwangskonversion muslimischer Pomaken zum orthodoxen Christentum heraus. Vornehmlich an bulgarischen Quellen zeigt die Autorin das Zusammenwirken verschiedener Akteursgruppen wie der bulgarischen Regierung, der orthodoxen Kirche und verschiedener Paramilitärs an dem grausamen Vorgang, der für viele Pomaken auf die Alternative Tod oder Konversion hinauslief. Gut lesbar, wenn auch thematisch teilweise redundant ist Neriman Ersoy- Hacısalihoğlus Text über die bulgarische Politik gegenüber Muslimen während der Balkankriege. Für übergreifende Fragestellungen der Gewaltgeschichte relevant ist der sehr quellennahe Beitrag von Tetsuya Sahara – der japanische Historiker untersucht am Beispiel des Makedonien-Adrianopel-Freiwilligenkorps das Verhältnis zwischen Freischärlern und regulärer bulgarischer Armee. In seiner Konklusion korrigiert er die Darstellung der Carnegy-Commission, in den Balkankriegen seien Bevölkerungen aus eigenem Antrieb aufeinander losgegangen. Stattdessen betont er die systematische Zerrüttung des Zusammenlebens durch grausame Freischärler, welche von der bulgarischen Armee zur Verrichtung der ‚Drecksarbeit‘ eines ethnischen Krieges gesteuert worden seien. Mit der osmanischen Armee befasst sich Feroze Yasamee, der in einem konventionell-soliden militärgeschichtlichen Beitrag deren wichtigste Schwächen herausstellt – geringe Mobilisierungsfähigkeit und schwache Logistik, gepaart mit einer fatalen Selbstüberschätzung des Oberkommandeurs Nazım Pascha. Oya Dağlar Macar untersucht eine weitere Achillesverse der osmanischen Armee – die mangelnde Seuchenprävention, die dazu führte, dass die Mehrzahl der osmanischen Kriegsopfer von Krankheiten dahingerafft wurde. Wie der bulgarische Gegner es schaffte, die Seuchen effizienter zu bekämpfen, wäre ein lohnendes Vergleichsthema gewesen. Serpil Atamaz zeigt, wie die Niederlage – zumindest im großstädtischen Milieu – in eine Kritik am traditionellen osmanischen Frauenbild mündete, welches die Nutzung weiblicher Potenziale nicht zugelassen und so die Schwäche des Reiches verschärft habe. Auch diesem insgesamt erfreulichen Text hätte ein Blick auf die christlichen Balkanstaaten nicht geschadet – schließlich wäre es interessant zu erfahren, ob sich auch Siege auf Gender-Rollen auswirken. Amir Duranović beschreibt, wie die Balkankriege große Unruhe in die bosnisch-herzegowinische Öffentlichkeit brachten und vor allem die Serben gegen die übrigen Gruppen und das Haus Habsburg mobilisierten – ein wenig überraschender Befund. Angesichts des völligen Schweigens dieses Bandes zur inneren Situation unmittelbar kriegsbeteiligter Staaten wie Serbien oder Griechenland hätte man sich hier einen thematisch relevanteren Beitrag gewünscht.
Auch Teil III (Assessing Local, Regional, and International Reactions to the War) setzt das Ungleichgewicht fort. Hier wird – wenn auch mit überwiegend guten Beiträgen – eine kognitive Karte skizziert, auf der lediglich Muslime (Osmanen, Araber, Albaner) und westliche Großmächte eingezeichnet sind. Eyal Ginio etwa zeigt, wie die arabische Öffentlichkeit, die ohnehin wenig mit den jungtürkischen Ideen anfangen konnte, die Niederlage von 1913 zum Anlass nahm, eine Besinnung auf den „muslimischen Kern“ des Reiches und mehr arabisch-türkischen Schulterschluss einzufordern. Meliz Hafez beschäftigt sich mit den osmanischsprachigen Benimmbüchern, die im vermeintlich unsportlichen, faulen Körper der osmanischen Soldaten den Hauptgrund der Niederlage ausmachten und eine Wende zu mehr Körperdisziplin und Sportlichkeit einforderten. Lobenswert ist Patrick J. Adamiaks Rezeptionsgeschichte des Carnegy-Reports von 1914. Adamiak macht in dieser zentralen Quelle zu den Verbrechen der Balkankriege einen deutlichen Orientalismus aus – während der Report den Bulgaren attestierte, zum Plündern einen besonders schweren Grund gebraucht zu haben, hätten es die Türken gewohnheitsmäßig getan. Dies aber habe die osmanische Seite nicht daran gehindert, das Dokument als Unterstützung der eigenen Position zu lesen. Bemerkenswert (wenn auch im Detail wohl bestreitbar) ist auch der Beitrag von Jonathan Schmitt. Er stellt die These auf, in den Balkankriegen hätten die USA zum ersten Mal die Umrisse ihrer heute bekannten geopolitischen Überheblichkeit gezeigt. Mittels schwerer orientalistischer Vorurteile hätten sich US-Autoren zum Richter über das Osmanische Reich aufgeschwungen und – trotz der damals noch lebendigen Erinnerung an die eigenen Erfahrungen unter britischer Kolonialherrschaft – eine paternalistische Haltung gegenüber den christlichen Balkanvölkern an den Tag gelegt. Dieser diskursive Mechanismus, so Schmitt, konnte nur in Gang gesetzt werden, indem man den eigenen brutalen Umgang mit den nordamerikanischen Indianern schlichtweg verdrängte. Pamela J. Dorn Sezgin konzentriert sich in ihrer Diskursanalyse auf den Orientalismus der britischen Diplomatie, was sich angesichts der heute allgegenwärtigen Orientalismusdebatte allerdings wenig überraschend ausnimmt. Mit der Ambivalenz der albanischen Elite beschäftigt sich Mitherausgeber Isa Blumi. Er zeigt, wie sich albanisch-osmanische Notabeln wie Esad Pascha Toptani, Isa Boletini oder Ismail Kemal Bey bis zuletzt nicht recht zwischen den Avancen der Jungtürken und der albanischen Nationalbewegung entscheiden konnten. Während diese Analyse wertvoll und solide ist, missfällt doch der Argumentationszusammenhang – Blumi schreibt mit seinem Beispiel nämlich gegen die vorherrschende Sicht an, wonach das Ende des Osmanischen Reiches unausweichlich gewesen und die Logik des Nationalen zwangsläufig stärker gewesen sei. So sehr dies für die muslimischen Albaner stimmen mag, ist doch zu vermuten, dass ein Blick auf slawisch-christliche Eliten deutlich andere Ergebnisse erbracht hätte. Blass wirkt der sehr allgemein-politikgeschichtlich gehaltene, kaum empirische Artikel von Sevtap Demirci über Ottoman Disintegration in the Balkans and Its Repercussions.
In Teil IV (The Republic of Turkey and Republican Introspection) bekennt sich der Band schließlich offen zu seiner Schwerpunktsetzung. Hier sticht der Beitrag von Erik Jan Zürcher hervor, der anhand von Biographien die Bedeutung der Balkankriege für die frühe kemalistische Elite belegt. Viele Rumelioten waren durch ihre vergleichsweise gute Bildung für eine Führungsrolle in der Türkischen Republik prädestiniert; sie verwerteten ihre traumatischen Erfahrungen, indem sie jegliche Anzeichen nationaler Gärung in Anatolien als Wiederholung der Katastrophe von 1912/13 interpretierten und entsprechend im Keim zu unterdrücken suchten. Revanchegelüste gegenüber dem Balkan entwickelten sie dagegen nicht, weil sie als Sozialdarwinisten die eigene Niederlage weniger als moralische Schmach denn als „biologisch verdient“ ansahen. Wie Çağdaş Sümer zeigt, galten in der Erinnerung nicht diejenigen Balkannationen als besonders problematisch, die den Osmanen die größten Verluste zugefügt hatten – sondern diejenigen, auf deren Loyalität man am längsten und letztlich erfolglos gesetzt hatte, nämlich die Albaner. Ihnen galt in den Diskursen der frühen Türkei ein besonderes Ressentiment; ihre Untreue machte man sogar für den Untergang des Reiches verantwortlich. Mehmet Arisan analysiert die Haltung der Jungtürken zum Westen und kommt zu beklemmenden Befunden – er spricht von Hassliebe, Neid und von Wut auf die Inkonsequenz des Westens. Hinter der Hinwendung zur Aufklärung habe vor allem der Wunsch gestanden, mit den Mitteln des Gegners die Glorie des Osmanischen Staates wiederherzustellen. Dieser zweckrationalen Haltung entsprechend sei ihr Respekt vor den selbst importierten politischen Institutionen nicht allzu groß gewesen. Eine Ergänzung zu Zürcher und Arisan liefert Funda Selçuk Şirin, die bei den aus Rumelien stammenden Literaten der Republik eine Balkan-Sehnsucht ausmacht und zeigt, wie der Westen zwar für seine stillschweigende Unterstützung der Balkanstaaten verdammt, aber gleichzeitig als Modell für die eigene Entwicklung angesehen wurde. Doğan Akyaz beschäftigt sich mit dem Einfluss der Balkankriege auf die Mentalität des kemalistischen Offizierskorps – sie nahmen als Lehre aus der Geschichte mit, dass die Armee depolitisiert werden müsse, um einig zu sein und ihrer Kernaufgabe, der Landesverteidigung, besser nachkommen zu können. Im Ergebnis wurde zwar der einzelne Offizier zu politischer Abstinenz verpflichtet, aber die „Depolitisierung der Armee“ verkam zur Propagandaphrase. Tatsächlich stieg das jetzt viel monolithischere Militär zum ultimativen Garanten der republikanischen Prinzipien auf und bestrafte seit 1960 vermeintliche Abweichungen mit Staatsstreichen. Mit den Zielvorstellungen von der türkischen Armee beschäftigt sich auch Preston Hughes in seiner biographischen Miniatur zu Enver Pascha und Mustafa Kemal – die zwar anschaulich ist, aber inhaltlich nichts Neues bringt. Etwas deplatziert in diesem Abschnitt wirkt Nedim İpeks ausführlicher Beitrag The Balkan Wars, War, and Migration, der ausführlich die ethnischen Säuberungen zu Ungunsten der Muslime zwischen 1877 und 1913 beschreibt und eher in den vorderen Teil des Buches gehört hätte. Teilweise ungenau in Quellen- und Zahlenangaben und schweigend zu den Opfern der Gegenseite, gefällt der Text doch durch eine dichte und plastische Beschreibung der Komitadschi-Zeit in Makedonien. Einen sehr passenden Abschluss liefert Nazan Çiçek, der sich mit der Wahrnehmung der Balkankriege in türkischen Schulbüchern zwischen 1932 und 2007 befasst. Er konstatiert erhebliche Ungleichgewichte – ironischerweise ganz ähnliche, wie sie dieser Band auch selbst aufweist. So seien die Schulbücher wenig kritisch über die Politik der späten Osmanen, stellten Rebellionen als unangemessene und undankbare Reaktionen der Balkanvölker dar, schwiegen aber über deren Motive wie auch über die Dysfunktionalitäten des Reiches. Der vorliegende Band verbleibt, trotz der Qualität seiner Beiträge, in gewisser Weise diesem Schuldiskurs verhaftet. Auf ein Werk, das sich wirklich multiperspektivisch mit den Balkankriegen beschäftigt, dürfen wir weiter warten.
Zitierweise: Klaus Buchenau über: War and Nationalism. The Balkan Wars, 1912–1913, and Their Sociopolitical Implications. Ed. by M. Hakan Yavuz and Isa Blumi. Salt Lake City, UT: University of Utah Press, 2013. XXXIX, 884 S., 23 Abb., 6 Tab., 2 Ktn. = Utah Series in Middle East Studies. ISBN: 978-1-60781-240-1, http://www.dokumente.ios-regensburg.de/JGO/erev/Buchenau_Yavuz_War_and_Nationalism.html (Datum des Seitenbesuchs)
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